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Mentalitätswechsel gefragt
Doch Steuergelder sind kein Spielgeld. Wie also soll die Verwaltung diese Ansprüche unter einen Hut bringen?
Wer könnte Digitalisierung und Innovationskraft besser in die Verwaltung bringen als junge, bewegliche Startups? Die aber kommen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge bisher kaum zum Zuge. Laut dem Startup-Monitor 2018 machen öffentliche Auftraggeber nur vier Prozent der zahlenden Kunden der jungen IT-Firmen aus. Sinnvoll sei das nicht, findet Dr. Danyal Bayaz, Abgeordneter der Grünen im Bundestag und Startup-Beauftragter seiner Fraktion. Wenn man überlege, wie man den Startups mehr Geld zur Verfügung stellen könne, dann liege hier doch ein Hebel, mit dem man viel bewirken könne, forderte Bayaz auf dem Podium „Vergabe vergebens?“ In der öffentlichen Verwaltung herrsche aber zu oft der Gedanke, bloß nichts falsch zu machen.
Das sei ja auch eine zweischneidige Sache, warf Uwe Peitz ein, Leiter des Fachbereichs Ausschreibungen im IT Dienstleistungszentrum Berlin (AÖR). Es gelte nun einmal das Gebot der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit. Immerhin habe die Vergaberechtsreform 2016 aber bereits die Beschaffung von Innovationen erleichtert. So dürften nur noch Umsatzzahlen und Referenzen aus den letzten drei Jahren gefordert werden, womit auch jüngere Firmen eine Chance bekämen. Zudem könnten neben dem Preis nachhaltige und innovative Aspekte eines Angebots berücksichtigt werden. Wenn es um die Einschätzung der Einreichungen gehe, seien die Vergabestellen zwar „noch sehr traditionell aufgestellt“, räumte Peitz ein. Aber: „Da gibt es jetzt einen Mentalitätswechsel.“
Vermutlich gebe es aber auch gar nicht so viele Startups, die sich in den Markt der öffentlichen Aufträge trauen, sagte Anke Odrig, Geschäftsführerin der Little Bird GmbH, die ein Portal zur Vermittlung freier Kita-Plätze betreibt. Und tatsächlich müsse sich die Verwaltung ja fragen: Gibt es dieses Startup in fünf Jahren überhaupt noch? Sie hat vor zehn Jahren angefangen, ihr Angebot zu entwickeln. Inzwischen hat ihre Firma schon 10.000 Kinderbetreuungsplätze an Familien vermittelt. „Die Städte wollen mit uns arbeiten“, sagte Odrig. Dennoch gebe es bis heute etliche Hürden in der Zusammenarbeit mit der öffentlichen Verwaltung.
Vier Jahre Wartezeit bis zum Auftrag
Auf manchen Auftrag habe sie vier Jahre lang warten müssen, berichtete Odrig. Haushaltspläne und fehlende Budgets verzögerten die Zusammenarbeit. Zudem bestehe jede Stadt auf ihrer eigenen IT-Lösung, statt Softwareprodukte zu akzeptieren, die sich anderswo bewährt haben. „Damit kann man keine richtige Innovation nach vorne bringen.“ Auch die Praxis der Nachbestellungen kritisierte Odrig. Hier fehle eine Rückschau, die nach einigen Jahren die tatsächlichen Kosten eines Projektes auswerte.
Faruk Tucer, der mit seinem Startup Polyteia der öffentlichen Verwaltung Datenmanagement anbietet, geht häufig einen anderen Weg: Gemeinsam mit den Behörden entwickelt sein Team eine maßgeschneiderte Lösung. Die Pilotphase ist für die Stadt dann kostenfrei. Soll das Tool weiter genutzt werden, tritt automatisch ein Vertrag in Kraft. Solche Möglichkeiten gemeinsamer Entwicklungsarbeit werde häufig genutzt, bestätigte Uwe Peitz. Wichtig sei es aber, auch die Einkaufsabteilung sehr früh in den Prozess einzubinden. Sonst liefen beide Seiten Gefahr, vergeblich an den neuen Ideen gearbeitet zu haben.
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