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Gastbeitrag: Städte für Menschen – Datensouveränität in der digitalen Stadt

Frauke Janßen_Beauftrage für Digitalisierung des Deutschen Städtetages

Wissen Sie, wieviel ein Zettabyte ist? Mit der Kapazität von einem Zettabyte ließe sich 2 Milliarden Jahre lang Musik hören. Ein Zettabyte entspricht außerdem der Kapazität von ungefähr 33 Millionen menschlichen Gehirnen. Für das Jahr 2025 wird eine weltweite Datenmenge von 175 Zettabyte prognostiziert. Im Jahr 2018 waren dies noch 33 Zettabyte. Diese Zahlen veranschaulichen eindrucksvoll das vorhandene Potenzial. Diese enormen Datenmengen gilt es zu nutzen, auch auf kommunaler Ebene.

Daten sind Fundament und Treiber der digitalen Transformation der Städte. Gerade vernetzte Daten der Daseinsvorsorge haben ein enormes Potenzial, einen Mehrwert für die Menschen zu schaffen. Systematisch genutzt, können Sie Lösungen für viele Bereiche der Stadt liefern. Das im Januar 2020 beschlossene Papier Kommunale Daten des Deutschen Städtetages hat dies deutlich gemacht und gleichzeitig zahlreiche offene Fragen identifiziert. Diese Fragen betreffen rechtliche und technische Grundlagen ebenso wie die Strukturierung von Prozessen. Die Organisation des urbanen Datenraums ist ein komplexes Vorhaben und steht bei vielen Städten oben auf der Agenda. Wie lässt sich souveräne Datennutzung im urbanen Raum organisieren?

Den richtigen Rahmen schaffen

Um Daten souverän nutzen können, bedarf es der passenden Infrastruktur. Viele Städte bauen derzeit urbane Datenplattformen auf oder planen diesen Schritt. Ziel ist es, verschiedene Daten zu integrieren und zu vernetzen. Hierbei geht es um klassische Daten aus der Kommunalverwaltung wie Melde- oder Sozialdaten ebenso wie um Daten kommunaler Unternehmen und anderer Akteure. Wenn Zugang zu und Austausch von verschiedenen Daten möglich ist, dann entsteht durch Vernetzung ein echter Mehrwert. Dafür braucht es eine nachhaltige Dateninfrastruktur, die sicher und hinreichend flexibel ist.

Neben den technischen Standards und Voraussetzungen braucht es aber vor allem den passenden rechtlichen und politischen Rahmen. Mit ihrer Datenstrategie, die die Bundesregierung nun nach der Sommerpause vorlegen will, soll eine verantwortungsvolle Datenbereitstellung und -nutzung gefördert werden. Auch auf europäischer Ebene spielt das Thema Daten eine zentrale Rolle. Durch die Schaffung eines Binnenmarktes für Daten soll die EU die Führungsrolle in einer datengestützten Gesellschaft übernehmen. Die gerade gestartete deutsche EU-Ratspräsidentschaft bietet eine passende Möglichkeit, beide Vorhaben effektiv zu verzahnen.

Daten für alle?

Eine offene Datenkultur, wie sie durch EU und Bund vorangetrieben wird, ist sinnvoll. Sie wirft aber auch Fragen auf. Kommunen und kommunale Unternehmen befinden sich hier an einem sensiblen Punkt. Durch die novellierte PSI und Open Data Richtlinie werden nicht nur öffentliche Stellen ver-pflichtet, definierte hochwertige Datensätze in einem bestimmten Format zur Verfügung zu stellen. Der Anwendungsbereich der Richtlinie wurde auch auf öffentliche Unternehmen erweitert. Im „Konzern Stadt“ kann dies eine Herausforderung sein. Wenn kommunales Unternehmen und Stadt Daten nicht mehr tauschen können, ohne sie auch dem privaten Wettbewerber zur Verfügung zu stellen während dieser dies im Gegenzug nicht muss, besteht die Gefahr der Wettbewerbsverzerrung. Sinnvoll kann nicht sein, dass private Anbieter profitable Bereiche der Daseinsvorsorge abdecken und die öffentlichen Unternehmen sich ins Minusgeschäft zurückziehen müssen. Ein faires Regelwerk für einen vertrauensvollen Datenaustausch verschiedener Stakeholder zu schaffen, ist ein anspruchsvolles, aber notwendiges Vorhaben. Nur so wird eine vertrauensvolle Kultur des Datenteilens gefördert.

Datensouveränität betrifft nicht nur infrastrukturelle und rechtliche Bereiche. Für den souveränen Umgang mit Daten in der digitalen Stadt braucht es auch souveräne Mitarbeiterinnen und Mitarbei-ter in der Kommunalverwaltung. Sie müssen so geschult werden, dass sie mit Daten in der notwendigen Breite und Tiefe umgehen können. Zudem werden Fachkräfte für das Datenmanage-ment benötigt. Dies gilt noch einmal mehr im Hinblick auf den sich verschärfenden Fachkräftemangel in der Öffentlichen Verwaltung. Um „Daten-affinen Nachwuchs“ für die Städte zu gewinnen, sollten kreative Wege der Nachwuchsgewinnung gegangen werden. Fellowships und Projekte können hier eine Lösung sein.

Städte für Menschen

Auch in der datengestützten digitalen Stadt steht der Mensch im Mittelpunkt. Deshalb gilt es, nicht nur den selbstbestimmten und informierten Umgang der Bürgerinnen und Bürgern mit Daten zu fördern. Daten können auch gezielt Partizipation und Inklusion fördern. Durch Civic Tech werden Lösungen von Bürgerinnen und Bürgern für Bürgerinnen und Bürger entwickelt. Für die Koproduktion von Stadt eröffnen die Nutzung und Vernetzung von verschiedenen Daten neue Möglichkeiten.

Daten sind eine aktive Ressource. Mit der passenden Infrastruktur, einem geeigneten rechtlichen und politischen Rahmen und souveränen Nutzerinnen und Nutzern lässt sich das Potenzial einer nachhaltigen, inklusiven und bürgerzentrierten Stadt heben.


Der Gastbeitrag ist bereits im Behörden Spiegel Juli 2020 erschienen.

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